Es kracht und knirscht neben und halb über dem Zelt. Vermutlich ein Elefant, der Äste abbricht und verspeist. Es ist vier Uhr. Anscheinend war vorher schon ein Elefant unterwegs, Tanja war wach. Weiter entfernt brüllt ein Löwe. Ich meine, durch die Gaze elefantöse Umrisse zu erkennen, bin mir aber nicht ganz sicher. Wir haben keine Angst, sondern sind fasziniert und genießen es. Nie hätte ich gedacht, dass man sich so an die wilden Tiere gewöhnen kann. Ein falscher Schritt vom Elefant und wir sind Matsch...Irgendwann zieht der Großrüssler weiter; aus dem Nachbarzelt springt Clinton, dem schon seit geraumer Zeit die Blase drückt und der sich endlich erleichtern kann.
Wir erleben einen wunderschönen Sonnenaufgang (und wann erlebe ich Nachteule schon mal einen Sonnenaufgang...), heute morgen geht es auf einen Dreistunden-gamewalk.
Kurz nach dem Aufbruch erspäht Julius einen Honigdachs. Schön, dass die anderen mein Exklusiverlebnis aus der Nacht mit mir teilen können! Er gräbt und wühlt nach Ameisen. Zwischen den Büschen ist er schwer zu fotografieren und bald darauf zieht er seines Wegs.
Ein Sattelstorch schwebt durch die Lüfte, ein beeindruckendes Tier.
Es macht mir unglaublich Spaß, alle Sinne darauf zu konzentrieren, Tiere zu entdecken und ich bin kurz stolz, ein Impala auszumachen, bevor Julius es gesehen hat. Die Fähigkeiten eines solchen Guides sind trotzdem unglaublich. Er entdeckt die Tiere weit bevor sie ein anderer sieht, nebenbei hat er den Boden im Blick und weiß sofort, wer hier wann langgelaufen ist.
In 100 Meter Entfernung sehen wir Zebras, und auch wenn wir die jetzt schon häufig hatten, ist es sehr spannend, sie ohne Fahrzeug Auge in Auge zu erleben. Die Zebras haben uns lange schon entdeckt, bevor wir sie bemerken, sie richten sich exakt in unsere Richtung aus, fliehen aber nicht. Anscheinend ist eine vor sich hin raschelnde und knackende Tourigruppe nicht im Feindschema enthalten. (Warum schreiben die eigentlich nicht in das Portfolio, dass Polyesterhosen und klimpernde Metallflaschen für gamewalks ungeeignet sind?)
Ich schicke die alle mal zu Vater Averbeck in die Lehre, wie man sich geräuschlos durch die Natur bewegt, um Wildtiere nicht aufzuscheuchen.
Wir passieren eine größere Zebragruppe und erkennen in einiger Entfernung zwei kreisende Adler. Sie haben rote Köpfe und einen kurzen Schwanz, und ich meine, dass es Gaukler sein könnten. Julius spricht ihn als short tailed irgendwas eagle an, ich finde darüber in den Büchern nichts, und da es der einzige Adler mit rotem Kopf ist, ist es für mich ein Gaukler, Punkt. (Edit: Es sind Gaukler!) Hamwa den auch gesehen, schön! Anscheinend zeigen sie den Geiern, wo es was zu holen gibt.
In größerer Entfernung steht ein Elefantenbulle, und das bleibt auch so (die große Entfernung).
Es wird heißer und das ganze ist schon etwas anstrengend, zumal Julius, trotz seiner Sinnesleistung ein ganz schönes Tempo vorgibt. Power-Schlendering, wie der Botswaner sagt. Wir erreichen eine Wasserstelle mit schönen flachen trockenen Wiesen drumherum, eine Wasserbüffelherde ist beim Trinken.
Wir beziehen Stellung an einem Termitenhügel, nicht ohne die Wohnhöhle eines Warzenschweins sorgfältig zu umgehen. Wenn sie sich gestört fühlen, preschen sie heraus und können einen ganz schön verletzen. Die Büffel bekommen Wind von uns und sie verlassen die Szenerie in einer Stampede. An der Wasserstelle stehen Riedböcke, ein Schreiseeadler landet. Diese Adler mit weißem Kopf sieht man genauso oft wie Weißkopfseeadler in Alaska, ungefähr so häufig wie bei uns Bussarde. Einige Pumben (Plural von Pumba) kreuzen vor uns. Es hat eine Zeit gedauert, bis ich herausgefunden hatte, dass Warzenschweine Pumbas anstatt warthog genannt werden, weil in dem Film „König der Löwen“ das Warzenschwein wohl Pumba heißt. Den habe ich noch nicht gesehen.
Aus der Ferne grüßt die Giraffe.
Die Szenerie ist wie gemalt, ist das traumhaft!
Wir verweilen und genießen, als es weitergeht, stoßen wir auf einen Elefantenschädel. Zwei Jungs können ihn gerade so hochheben. Seitdem ich von Clinton weiß, dass auch in alten Knochen noch der Milzbranderreger Bacillus anthracis vorkommen kann, halte ich mich zurück. Die Zahnreihen sind sehr abgenutzt, Elefanten wechseln im Verlauf ihres Lebens sechs mal die Zähne. Ist die letzte Reihe aufgebraucht, verhungern sie, meist mit ca. 60 Jahren. Sie halten sich dann oft in der Nähe von Wasserstellen auf, wo sie dann irgendwann in die Elefantenjagdgründe einziehen.
Wir machen uns langsam auf den Rückweg, wir sind alle schon etwas geschafft. Plötzlich erstarrt Julius, er hat etwas entdeckt.
Hinter einem Gebüsch liegt ein Wildhund! Wir umgehen den Busch in einigem Abstand, auf den Bildern sieht man, dass die Hunde uns anfangs noch nicht bemerkt hatten, und als sie von uns wissen, bleiben sie dennoch erstmal liegen. Dann ziehen sie sich langsam und unaufgeregt in die Büsche zurück, wir gehen weiter. Was für ein unglaubliches Glück, einem vom Aussterben bedrohten Tier in freier Wildbahn zu begegnen! Das passiert sogar unseren Guides nur sehr selten. Wir haben wieder ordentlich zur nature gesmiled :-)
weiter geht es bald mit Teil 2...
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