Morgens beim Aufstehen gibt es noch nichts neues, die beiden müssen zur Polizei und den Bericht abholen. Die Partneragentur, die uns ins Delta gebracht hat, stellt einen neuen Fahrer, Leister, den wir ja schon kennen. Die Sorge von unseren beiden Guides ist, dass wir den Nachmittagstermin im Khama Rhino Center nicht erreichen. Es ist nämlich so, dass, wenn wir den Termin nicht wahrnehmen und sich nur ein Kunde beschwert, er nach deutschem Recht anscheinend die Reisesumme zurückfordern kann; das müssten die Jungs aus eigener Tasche bezahlen. Wir blicken in die Runde und sind uns alle einig, dass für uns der Termin völlig Wurscht ist, wir durften schon so viel erleben, und die beiden Jungs vorgehen. Zu sehr haben wir sie ins Herz geschlossen, zu sehr haben sie die letzten beiden Wochen zu einem einzigartigen Erlebnis für uns alle gemacht. Das Engagement und die Hingabe, mit der beide ihren Job ausfüllen war weit mehr, als wir jemals erwartet hatten. Dass die beiden jetzt fürchten müssen, ihren Job zu verlieren, ist für uns unbegreiflich und würde in Europa komplett anders gehandhabt. Ich beschließe, ein Schreiben an das Management aufzusetzen, Peter der Holländer ergänzt ein wichtiges Detail und geschlossen setzen alle ihr Zeichen unter das Schreiben. Vielleicht hilft es, wir wissen es nicht; schlechter kann es für die beiden nicht werden, wir erzählen ihnen nichts davon, das ist unsere Entscheidung als Kunde. Die beiden sollen um 8 zur Polizei, das verzögert natürlich unsere Abfahrt. Wir sitzen im Wimpys und beratschlagen und warten. Irgendwann sind sie dann durch, der Server ist ausgefallen und sie haben kein Polizeidokument in der Hand, dass sie in der Botschaft bräuchten. Wir fahren erst mal los. Diese weitere emotionale Komponente hätten wir uns natürlich sparen können, aber keiner konnte so etwas erahnen, auch nicht die zwei, sonst hätten sie ja vorher reagiert. Wir fahren durch die Ausläufer der Kalahari, Sandhosen (dust devils) wehen über das Land und wir sehen fata morganas. Es sind erstaunlich viele Rinder, Esel und Ziegen zu sehen, andauernd rennt eine über die Straße, anscheinend bieten die kargen Büsche und Sträucher doch genügend Nahrung. Weites Land auf einmal, der Blick reicht bis zum Horizont. Eine Gegend, die ich bislang auch nur aus dem Fernsehen kannte, zu durchfahren, hat etwas erhabenes.
Wir erreichen gegen halb 5 die Khama Rhino sanctuary, zu spät für den Nachmittags-Game-Drive.
Und das ist unser Glück, um 7 machen wir nämlich eine Nachtfahrt, die hatten wir bis jetzt noch nicht. Im Dunkeln fahren wir durch das Gelände, zwei Taschenlampen beleuchten das Umfeld. Zunächst sehen wir Impalas, sie lassen sich nicht stören. Nach ca. halbstündiger Fahrt machen wir halt an einem Aussichtspunkt am Wasserloch, gesichert durch einen Weg mit dicken Holzstangen. Das mit dem absolut ruhig sein 10 Meter entfernt vom Wasser klappt nicht so ganz, eine Wasserplastikflasche knackt permanent...
Von links tritt ein Wasserbock an den Tümpel, ein Frosch bietet ein kleines Konzert. Als ganz dezente Plätschergeräusche hinter einem Busch zu hören sind, leuchtet der Guide und sieht Hyänen. Bzw. deren leuchtende Augen im Busch, die Tiere selbst sieht man nicht, trotzdem schön. Wir fahren weiter, und dann finden wir sie. Drei Rhinos, die erst nach rechts und dann nach links weiterziehen. Der Guide schätzt ab, wo sich unsere Wege kreuzen könnten und fährt rückwärts. Plötzlich ist es hinter uns, 10 Meter weg, zieht aber schnell weiter. Aber wir haben Rhinos gesehen!
Es ist natürlich absolut schwierig, unter diesen Lichtverhältnissen ein brauchbares Bild zu bekommen, nicht zuletzt, wenn man selbst nicht den Scheinwerfer hält und die Lichtkegel wie weiland die Flakscheinwerfer über Dünkirchen über die Szenerie huschen.
Wir fahren auf eine weite Ebene, Springhasen hüpfen mit leuchtenden Augen über das Feld, die kannte ich auch noch nicht. Zwergkänguruh-like macht es doing-doing-doing, putzig! An einer Wasserstelle sehen wir schon von weitem weitere Nashörner. Eine Mutter mit ihrem Jungen, begleitet von zwei Bullen, sie bereitet sich auf die Brunft vor. Groß wie ein Kleinlaster lassen sich die Tiere nicht stören. Hier sind sie nicht enthornt, das Gebiet wird streng von der Armee gegen Wilderer geschützt. Von ehemals 5 Breitmaulnashörnern ist der Bestand auf 55 angewachsen, außerdem gibt es 5 Spitzmaulnashörner.
Wir sehen eine Weile zu und fahren, wiederum ergriffen von der Erhabenheit dieser Tiere weiter. Wir scheuchen drei weibliche Strauße auf, die in voller Geschwindigkeit neben uns herrennen, sehen dann noch zwei Zebras, deren Muster im Licht der Taschenlampen besonders gut zur Geltung kommt. Insgesamt hatte ich schon den Eindruck, dass die Tiere mehrheitlich durch die Lampen gestört werden, aber jeder Tourist trägt zum Erhalt der Schutzzone bei. Und ein Tourist, der Tiere sieht ist zufriedener als einer, der keine sieht.
Ergebnis Rhino-Sichtungen Gruppe Zelt-smile-to-the-nature gegen lodge-no-smile: 7:2 Ein letztes mal haben wir unsere überragenden Smile-Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Wir grillen ein letztes mal und zumindest ab und zu huscht ein Lächeln über das Gesicht der beiden Guides, aber wir alle hätten uns einen schöneren Abschlußabend für diese fantastische Tour gewünscht. Unter einem knorrigen Baum platziere ich die Kamera für ein letztes Zeitraffervideo, unser letzter gemeinsamer Abend mit der Gruppe geht zu Ende.
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